Nea Kavala – 15 Tage im Flüchtlingscamp – ein Erfahrungsbericht

Wegweiser im Camp
Foto: Andrea Koltermann

Erfahrungsbericht zum Download
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Nea Kavala, Tag eins, Donnerstag, 9. August 2018

Mein Terminplan heute

Einführung
Check-Out Markt
Wäscherei

Heute treffe ich Molly, die Dråpen i Havet Koordinatorin in Nea Kavala. Die neu angekommenen Volunteers erhalten ihre Einführung. Alles ist sehr gut organisiert hier und Sicherheit für Bewohner und Gäste hat immer oberste Priorität. Normalerweise werden alle einzelnen Einsatzorte nach einem rotierenden Plan durchlaufen, sodass jeder Volunteer jedes Angebot kennenlernen kann. Ansonsten ist Molly sehr offen für unsere Ideen und Anregungen.

Wegweiser im Camp
Foto: Andrea Koltermann

Es gibt den Drop Shop, in dem die Camp-Bewohner Second Hand Kleidung und einige Grundnahrungsmittel erhalten. Außerdem gibt eine Wäscherei, einen Nähworkshop, eine Werkstatt, in der Dinge gebaut oder repariert werden und einen Fahrradverleih. Insbesondere während der Schulferien finden Freizeitaktivitäten für alle Altersklassen statt.

Dropshop Nea kavala
Foto: Andrea Koltermann

Mein Arbeitstag beginnt. Als Erstes arbeite ich im Check-Out des Drop Shops. Alle zwei Wochen erhalten die Flüchtlinge eine bestimmte Anzahl an Drops, so nennt sich die Kryptowährung der Organisation Dråpen i Havet.

Neben T-Shirts und Shorts gehören Seife, Waschmittel und Zahnbürsten zu den beliebtesten Artikeln im Shop.

Im Drop Shop herrscht eine fröhliche Stimmung, vor allem die Mädchen haben hier ihren Spaß! Ich kann mir vorstellen, dass es auf einem arabischen Basar ähnlich zugeht.

Sowohl die Kunden als auch die Verkäufer haben eine Menge Spaß hier. Am Check-Out, also der Kasse gibt es immer wieder Diskussionen zwischen den Camp-Bewohnern und den Verkäuferinnen, wenn die Anzahl der Drops nicht für die gewünschten Waren ausreicht. Gerne versuchen sie dann mit uns zu handeln, aber Rabatte sind nicht vorgesehen und unsere PC-App, mit der die Abrechnung der Einkäufe erfolgt, lässt dies auch gar nicht zu. Oft sind wir froh, auch einige Volunteers aus den Reihen der Flüchtlinge zu haben, die gerne als Dolmetscher einspringen. Zwei Teenagerinnen schauen mich mit großen dunklen Augen an. Sie möchten gerne noch mehr Kleider kaufen, aber die Punkte der Familie sind verbraucht und sie müssen zwei Wochen warten, bis sie wiederkommen dürfen.

Drop Shop
Foto: Andrea Koltermann

Der Drop Shop ist ein Ort der Kommunikation. Hier spreche ich mit sehr vielen Menschen.

Während der Mittagspause sitzt ein kleiner Junge aus Syrien im Gemeinschaftsraum. Er erzählt mir, dass er nach Deutschland ziehen und dort, wenn er groß ist, Polizist werden möchte.

Ich bringe ihm bei, auf Deutsch zu zählen und gebe ihm eine kleine Aufgabe mit. Ich bin gespannt, ob er für weitere Unterrichtsstunden auf mich zukommen wird.

Terminvergabe laundry
Foto: Andrea Koltermann

Am Nachmittag bin ich in der Wäscherei eingesetzt. Unsere Aufgabe ist es, die Vergabe der Waschtermine zu koordinieren. Alle zwei Wochen können die Bewohner der Wohncontainer und Zelte eine von der Anzahl der Familienmitglieder abhängige Anzahl an Maschinenwäschen reservieren. Im EDV-System werden sowohl Reservierung als auch die Nutzung der Maschinen dokumentiert.

Ein junger Mann kommt viele Stunden zu spät mit einem Rucksack voll Wäsche und schimpft, weil wir ihm keinen Ersatz-Termin am selben Tag geben können.

Seine Freunde reden beruhigend auf ihn ein, er erhält einen Termin in der darauffolgenden Woche und schnell ist alles wieder in Ordnung. Andere Camp-Bewohner, die die Situation beobachtet haben, kommen hinterher auf uns zu, um sich für das Verhalten ihres Freundes zu entschuldigen.

Volleyball, Abendstimmung
Foto: Andrea Koltermann

Der Abend scheint die schönste Tageszeit im Camp zu sein.
Aus einer Box, die auf dem Dråpen i Havet Auto steht, kommt Musik. Flüchtlinge und Volunteers spielen Volleyball auf dem großen Gemeinschaftsplatz vor dem Drop Shop. Auch viele Kinder sind dabei, sie spielen mit, toben ausgelassen oder tanzen mit den Volunteers. Die Stimmung hat etwas Besonderes. Obwohl sie in einem Flüchtlingscamp leben und für die meisten der Menschen hier die Zukunft ungewiss ist, scheinen alle diesen Abend sehr zu genießen.

Abendstimmung, Musik
Foto: Andrea Koltermann